Mit komplexen, aber sinnlosen Wortkombinationen erklärt ein System sich selbst: KI - auf allen Ebenen bereits diskutiert, genutzt und beredet - erscheint hier als mit Kleber und Schrauben "hingebastelte" Überforderung. Daneben stehen alte Holzleitern mit daran angebundenen antiken Wanduhren.
Die Ausstellung, die sich mit Texturen des Alltags beschäftigt, ist eben kein analytischer Zustandsbericht (auch, wenn es längst "5 vor 12" ist, wie die Uhren anzeigen, und wir das trotz unserer " Alltagsbräsigkeit" längst wissen). Vielmehr legt sie an der Oberflächliche der Dinge, die zugleich Sinnbild ist, Strukturen offen. Das ist etwas, was die Kunst in unserer heutigen Welt zu leisten vermag.
Die Ausstellung nimmt eben nicht nur die Gegenwart in den Blick, sondern sucht zugleich auch nach allgemeinen Gesetzen des banalen Zeitgeistes: Die aus Toilettendeckel-Bezügen genähten "Geister" beinhalten sowohl das längst verpönte "plüschige" Original und somit die wärmende Funktion, als auch die bloße "Hülle" der Form aus einem glatten Stoff mit Nike-Logo.
Zeitgeist und Oberfläche der Dinge bedingen sich zu allen Zeiten. (Nur, dass das Digitale und Urbane längst sämtliche Oberflächen des Lebens überformt haben.)
Die Installation "Elementarschule" fußt auf Erinnerungen der Künstlerin an die eigene Grundschule - ein Bau aus den 60er Jahren mit grauer Waschbeton-Fassade und Fliesen in gelblichem Altweiß auf der Schultoilette. Zugleich wird doppelbödig mit dem Begriff "Elementarschule" als Bezeichnung für die Aneignung einfachster handwerklicher Fertigkeiten und gestalterischer Gesetzmäßigkeiten gespielt, die auch für Künstler eine Rolle spielen. Eine einfache Pinselzeichnung, in einen nostalgischen Erinnerungsrahmen gestellt, zeigt eine Figur, die sich eine Form (ein Buch?) quasi "einverleibt". Die Antenne steht für eine Form der rezeptiven Begegnung mit der Welt, wie auch für die technische Entwicklung der Menschheit.
Die Arbeit "Die Letzte Vorstellung" zeigt eine etwas melancholische Szenerie. Von außen wird der Betrachter zunächst mit einer Reihe einfacher Plastik-Klappstühle konfrontiert, die mit der Rückenlehne zum Schaufenster stehen. Dem gegenüber hängen Lampenschirme an einem nach Bühnentechnik aussehenden nackten Metallgestell. Ist die angedeutete Bühnensituation ein Abgesang auf die kuschelige Kultur der Kleinkunstbühnen und kleinen Off-Theater? Oder haben die Lampenschirme einfach nur hier ihren letzten Auftritt, bevor sie im Sperrmüll landen - ein "Schicksal", das viel zu vielen Dingen vorbehalten ist? Der improvisierte Bühnenraum bietet scheinbar wenig Illusion, sondern bloß eben nüchtern gehängte Lampenschirme aus den 60er bis 80er Jahren. Die Lampen sind hier, ihrer Funktion beraubt, als bloße zeitlose Kulisse der Wohnkultur übrig geblieben, die vielleicht ein zweites Leben als banale Vintage-Deko im Schaufenster eines Cafés finden könnte.
Oder sind die Gegenstände Stellvertreter für Menschen - alle phänomenologisch ähnlich und doch ganz verschieden (schließlich hat das Theater als Sinnbild für das Leben eine lange Tradition)?
Vielleicht hängt ja auch alles miteinander zusammen:
Der Titel spielt mit der Bedeutung des Begriffs "Vorstellung" und dem, was passieren kann, wenn ich Platz nehme im Hier und Jetzt; mich also in unserer Zeit der Informations- und Reizüberflutung auf einfache Situationen einlasse: Mit "Vorstellung" kann sowohl Imagination als auch eine Darbietung vor Publikum gemeint sein. Mit dem Verb "sich vorstellen" kann auch gemeint sein, dass ich mich jemandem vorstelle. Der Lebenslauf eines Menschen - angedeutet durch das Schemen-Bild aus Passfoto und Textzeilen - kann in einem engeren (beruflichen) oder allgemeineren Sinn Bestandteil einer "Vorstellung" sein.
Ist es das, was bleibt?
Der Komplex "Wohnen" darf beim Thema Alltag natürlich nicht fehlen. Die "Kallaxie" und die an das Quadrat-Modul angepassten Wandarbeiten greifen ironisch die schwierige Frage nach den richtigen "Verhältnissen" bei der Wohnraum-Fetischisierung auf. Diese Arbeiten, wie auch die Schaumstoff-Inseln offenbaren deutlich , was alle Arbeiten der Ausstellung gemeinsam haben: Das Thema Nachhaltigkeit steckt in der Kunstproduktion selbst, die sich ausschließlich aus vorgefundenen/wiederverwendeten Materialien zusammensetzt.
Letztlich "wohnen" wir in unseren Köpfen und dort fängt Veränderung an. Die Welt ist zu allen Zeiten bunt und vielfältig. Vor allem aber wird dies auch wirksam, wenn wir es in unseren Köpfen sind.